RC Landshut-Trausnitz: Seite an Seite in den Startlöchern
Rotarischer und rotaractischer Schlitten beim traditionellen Hornschlittenrennen in Garmisch-Partenkirchen mit dabei.
Traditionell finden jedes Jahr am Drei-Königstag die Bayerischen Meisterschaften im Hornschlittenfahren in Garmisch-Partenkirchen statt. So auch in diesem Jahr. Normalerweise. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde das Rennen auch in diesem Jahr und damit bereits zum zweiten Male abgesagt. Sehr zum Leidwesen des Rotary Clubs Landshut-Trausnitz und des Rotaract Clubs Landshut-Trausnitz. Denn als einziges niederbayerische Teams blicken die beiden Clubs bereits auf eine lange Hornschlittler-Tradition zurück.
Einer dieser Abende bei Rotaract
Es war einer dieser rotarischen Abende in einem Rotaract Club im Distrikt 1842. Ein gemütliches Beisammensein nach getaner rotarischer „Arbeit“. Der RAC Landshut-Trausnitz – ein eingeschworener Haufen junger Frauen und Männer – nahm die Idee seines Gründungspräsidenten, doch mal etwas „Besonderes auszuprobieren“, mit zurückhaltender Begeisterung auf. Warum nicht mal was zur Stärkung des Teamgeists unternehmen und sich gemeinsam sportlich betätigen. Gesucht und schnell gefunden waren vier mutige Rotaracter, die sich auf einen traditionellen Hornschlitten schwingen und sich wagemutig in den „Eiskanal“ der Garmisch-Partenkirchner Partnachklamm stürzen sollten.
Mit unverwundbaren Schlitten
Gesagt – getan. Bereits im nachfolgenden Rennen im Jahr 2012 war der Rotaract Club mit einem Team am Start. Unser Kontaktmann vor Ort und langjähriger Teilnehmer am Hornschlittenrennen Rudi Spichtinger stellt uns einen seiner wertvollen Hornschlitten zur Verfügung. Wir lernen, was es heißt, wenn Holz nach dem „Zoachen“ geschnitten wurde. Das macht unseren Schlitten quasi unverwundbar. Kann also nichts schief gehen.
Manch einer mag sich fragen: „Kann man das einfach so machen, mit einem Hornschlitten dort den Abhang runterfahren?“ Die Antwort lautet: „Ja, kann man… sollte man zwar nicht, aber kann man.“ Am 05. Januar – ein Tag vor dem Rennen – kommen vier Rotaracter in Garmisch-Partenkirchen an der Skisprungschanze an. Betreut und eingeführt werden sie von einer routinierten Hornschlittenfahrertruppe um unseren „Rudl“. Wir werden zur Strecke für eine erste Ortsbegehung geleitet. Alle sind guter Laune.
Die Strecke sehen – und schweigen
Zielhang mit Schanze – machbar. Wir gehen die enge Spur weiter Richtung Start – eng, manch scharfe Kurfe, teils keine Bande zum Abgrund, aber sollte machbar sein. Wir werden etwas leiser. Auf zum „Rasseneck“ – schnelle, sehr schnelle, scharfe Linkskurve. Es wird ruhig. Wir gehen weiter und trauen unseren Augen nicht. Da soll man… da kann man… Wir sehen den „Eriestich“, den steilsten Teil der Strecke – 25% Gefälle mit schneller Kurve, bis zu 80 km/h schnell, wohlgemerkt auf einem Hornschlitten. Es wird still – sehr still. Wir gehen weiter bergauf zum Start. Aha, hier starten wir… naja wir müssen ja nicht sooo viel anschieben, schließlich wird’s danach gleich recht steil… Wir machen uns Mut und gehen weiter in Richtung Partnachalm. Die Stimmung hebt sich wieder – leicht. Wir trinken bei unserer charmanten Wirtin Kaffee, essen einen Käsekuchen, trinken ein Bier und einen Schnaps. Oder zwei. Dann geht’s die Rennstrecke wieder hinunter ins Tal – mit gemischten Gefühlen und einer gewissen „Leichtigkeit“.
Schweinebraten statt Trainingslauf
Unser Pate Rudl bringt uns auf den Grasberg zur Martinshütte – hoch über Garmisch-Partenkirchen gelegen. Dort Anschub- und Sitzprobe mit einem echten Hornschlitten. Trainingslauf: Fehlanzeige wegen Schneemangel. Wir nehmen‘s sportlich, dann wenigstens Schweinbratenessen bei Wirtin Marianne, um Gewicht auf den Schlitten zu bringen. Das bringt Geschwindigkeit, reden wir uns ein. Zum Abschluss des Tages einen Absacker in einer Boatzn mit Einheimischen. Nach anfänglicher Zurückhaltung werden wir freundlich aufgenommen. Schließlich respektieren sich Hornschlittenfahrer gegenseitig.
Mit Respekt und dem olympischen Gedanken
Am nächsten Morgen geht es zur Rennstrecke. Startnummern werden ausgelost. Das Rennen beginnt. Wir bestaunen die einheimischen Matadoren und deren waghalsige Manöver mit dem Hornschlitten. Teams tragen ihre zerbrochenen Schlitten ins Tal. Blut auf der Strecke. Der Rettungsheli kommt. Das Rennen wird unterbrochen. Uns wird mulmig. Aber gut, was soll’s. Wenn wir schon mal da sind. Wir starten, wir fahren vorsichtig aber nach unserem Geschmack nicht unambitioniert, kommen tatsächlich heil über die Zielschanze und der olympische Gedanke trägt uns ins Ziel. Wir sind glücklich, erschöpft und stolz zugleich.
Am Abend erwartet uns ein weiteres, einzigartiges Erlebnis: der Schlittlerball in der Bayernhalle. Wir gehören dazu und sind doch irgendwie Exoten, so als Niederbayern. Wir erleben oberbayerische Tradition, etablierte Freund- und Feindschaften sowie einen langen Abend. Einen sehr langen Abend.
Aus Roteractern werden Rotarier …
Die Jahre vergingen und aus Rotaractern wurden Rotarier. Doch wir blieben „harte Jungs“ und Hornschlittenfahrer. Wir wurden zwar nicht schneller aber unsere Ausstattung wurde besser. Unser langjähriger rotarischer Freund Adelbert Niemeyer – selbst begeisterter Segler, Hornschlittenfahrer und begnadeter Holzhandwerker – nahm sich einer weiteren Herausforderung an: ein eigener standesgemäßer rotarischer Hornschlitten muss her. Auch hier: gesagt – getan. Bereits ein Jahr später gingen wir mit unserem eigenen Hornschlitten – Made in Distrikt 1842 – an den Start. Seitdem trägt uns unser Schlitten Jahr für Jahr sicher ins Ziel.
… und neue Roteracter übernehmen Tradtionen
Doch was wurde aus unserem „alten“, geliehenen, original-Garmischer-Zoachn-Schlitten? Was wären wir für Rotarier, wenn wir diesen einfach in der Abstellkammer verkommen ließen und nicht für entsprechende Nachwuchspiloten sorgen würden? Schnell fanden wir 4 junge Rotaracter, die in unsere Fußstapfen traten. Und so fahren Rotaracter und Rotarier seit ein paar Jahren gemeinsam nach Garmisch-Partenkirchen, leben eine Tradition, fahren ein sportlich rasantes Rennen und pflegen die rotarische Freundschaft. Bislang hatte der rotarische Schlitten die Nase vorne, doch der Abstand schmilzt von Jahr zu Jahr. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Fest steht, die Freundschaft bleibt. Und sicherlich werden wir irgendwann unser zehntes Rennen bestreiten und das 10-jährige Hornschlittlerjubiläum feiern können.